21.3.2020
Führen mit Autorität statt autoritäre Führung
Kaum herrscht Krisenstimmung, erklingen Forderungen nach der starken, ordnenden Hand. Doch Führung nach dem Prinzip Befehl und Gehorsam hat sich ein für allemal überlebt. Ein Beitrag über das Wesen echter Autorität und über den Unterschied zwischen Merkel und Macron.
Beim Stöbern in den morgendlichen News bleibe ich bei XING hängen: In der Coronakrise brauchen Unternehmen eine straffe Führung heißt es in der Überschrift. Beim Weiterlesen merke ich, wie meine innere Anspannung steigt. Klaus Hansen, der Autor dieses Artikels im Handelsblatt vom 19. März schlussfolgert, dass man in Krisen am besten mit den Werkzeugen des Militärs wie Befehl und Gehorsam führt. Man müsse diejenigen, die sich nicht an die Anweisungen halten, auch notfalls gegen ihren Willen dazu anhalten. Ich denke sofort an die Corona Partys.
Wieso bin ich gegen autoritäre Führung auch in Krisenzeiten?
Ich möchte Herrn Hansen an dieser Stelle zugutehalten, dass er sich vielleicht von den Reden mancher Politiker wie dem französischen Staatspräsiden Emmanuel Macron hat mitreißen lassen: „Wir sind im Krieg!“, meint der. Und um hier auch nicht missverstanden zu werden: Auch mir ist die Dramatik der Corona Pandemie sehr bewusst, und ich möchte sie an dieser Stelle keineswegs kleinreden. Aber: müssen wir in Notzeiten wirklich zurückfallen auf die alten autoritären Führungsmuster aus dem 20. Jahrhundert? Oder geht’s vielleicht auch anders?
„Autorität ist das Gegenstück zu Macht. Denn einer Autorität folgt man freiwillig.“
Es geht. Dazu hat die Firma AUCTORITY GmbH aus Freiburg interessante Informationen über den Unterschied zwischen Autorität und autoritär zusammengestellt. Autorität sei eine Eigenschaft, die überwiegend positiv wahrgenommen wird. Sie basiere im Kern auf „Potenz“ und werde mit Respekt und Ansehen verbunden. Wichtig dabei: Autorität ist das Gegenstück zu Macht. Denn einer Autorität folgt man freiwillig.
Weiter heißt es auf der Website von AUCTORITY: „Diese Autorität gründet nicht auf Macht und Unterwerfung, wie man sie mit autoritären Vorgesetzten verbindet. Autorität beruht auf Expertise, Erfahrung und Ideen, die andere erkennen und anerkennen. Diese Autorität verlagert den Führungsanspruch von der Vertikalen in die Horizontale und vom Rang und Status der Person hin zur Einschätzung derjenigen, die bereit sind zu folgen. Nicht: ‚Folge du mir, weil ich dir übergeordnet bin‘, sondern: ‚Ich folge dir, weil du mir in dem, was du weißt, denkst und tust, voraus bist‘ – und zwar in diesem Thema, in dieser Situation, nicht generell und prinzipiell. Autorität muss man sich erarbeiten.“ Als Lohn wartet freiwillige Gefolgschaft. Anerkennung. Engagement von unten.
„Wir leben in einer Gesellschaft, in der jeder Einzelne Verantwortung übernimmt und auch übernehmen möchte“
Ich bin davon überzeugt, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der jeder Einzelne Verantwortung übernimmt und auch übernehmen möchte. Gerade durch Corona wird sichtbar: Menschen helfen einander, sie versorgen ältere Mitbürger in ihrer Nachbarschaft, sie betreuen Kinder oder bieten ihre Unterstützung in der Pflege an. Schauen Sie ins Netz, Sie werden schnell fündig werden.
Kanzlerin Merkel hat am vergangenen Mittwoch einen anderen Ton als Präsident Macron angeschlagen. Sie appellierte an die Verantwortung jedes Einzelnen: „Es kommt auf Sie alle an. Jeden Einzelnen von Ihnen“. Noch keine Anweisung, kein Befehl, keine Verbote. Wir werden ihr folgen!
Für unsere Unternehmen wünsche ich mir dasselbe: Kein “Weiter so“ und kein Rückfall in „Gehorsam auf den Befehl“. Schon heute finden wir in vielen Firmen starke Persönlichkeiten, anerkannte Autoritäten, die jeden Tag ihr Wissen mit Empathie und Respekt für ihre Mitarbeitenden einsetzen.
Wegtreten, Herr Hansen!